Es ist der 13. Dezember 2020
Sechs Wochen Lockdown Light liegen hinter uns. Die Zeit rast. Und scheint dennoch scheint alles still zu stehen. Das einzige was wächst, sind die Zahl der Infizierten und der Toten.
Im Laden haben wir die Geschäftszeiten reduziert. Ich bemühe mich, niemanden in die Kurzarbeit zu schicken – und natürlich jeden aus unserem Team zu behalten. Zwar kommt nicht jeder von uns auf die vollen Stundenzahl, aber alles klappt, alle Anstrengungen zahlen sich aus und am Ende des Monats November können wie geplant die Löhne gezahlt werden!
Ein wenig sarkastisch kann ich sagen, wir haben Glück, dass der Lockdown in diese Jahreszeit fällt. Wir verkaufen mehr Präsente und Firmen fragen Mitarbeitergeschenke an. Dennoch kann das alles nicht die Verluste in der Gastronomie auffangen. Ich weiß nicht wieviel hundert Fondue-Essen wir in den letzten zwei Monaten eines Jahres hatten. Aber es waren etliche…. Hinzu kommen unsere Veranstaltungen – 23 mussten wir bereits im ersten Lockdown verschieben. Die hatten wir auf die zweite Jahreshälfte geplant. Wir können nun – im zweiten Lockdown – nur all‘ unseren lieben Kunden danken, die erneut ihre Veranstaltungsgutscheine verschieben. Wir hoffen, dass wir im kommenden Jahr wieder durchstarten können! Doch auch wenn die meisten Gäste gerne im kommenden Frühjahr kommen, fehlen uns mehr als 50 nicht durchgeführte Tastings, Seminare und Dinner. Eine Katastrophe – und nicht wieder aufzuholen!
So viele persönliche Ängste, Beklemmungen, Sorgen….
Im ersten Lockdown fühlte ich mich motiviert, stark und voller Energie. Christian und ich entwickelten Ideen und neue Geschäftskonzepte wie am Fließband. Vor lauter Aufregung konnten wir oft beide nicht schlafen und es sind tatsächlich viele schöne Dinge entstanden mit denen wir unser Refugio und unser Team über Wasser halten konnten! Virtuelle Verkostungen, ein eigener Online-Shop, ein neues Take-Away-Konzept und die permanente Bespielung der Social Media Kanäle waren nur einige Steps, die zum Erfolg in der Krise beigetragen haben.
Die Soforthilfe im März wurde schnell und unbürokatrisch gezahlt und sicherte uns Liquidität in den schwächsten Wochen.
Zum zweiten Lockdown ist alles anders….
Im November kommt dann die große Keule: nachdem wir uns vor wenigen Wochen erst wieder aufgerappelt hatten und voller Enthuiasmus und mit mehreren 1000 €- Investitionen in Schutz- und Hygienemaßnahmen die Wiedereröffnung feierten, kömmt die staatlich verordnete Schließung.
Ein Schock – und eigentlich doch abzusehen….
Von Anfang an ist alles anders als im ersten Lockdown. Die Reserven sind durch die erste Jahreshälfte aufgebraucht. Außerdem dürfen wir den Laden aufbehalten – im März war alles geschlossen. Am Anfang ist das wie eine Chance, die Mitarbeiter auch nicht in die Kurzarbeit schicken zu müssen. Doch das entwickelt sich als Trugschluß: die Stadt ist leer. Und ohne unsere Gastronomie-Kunden, die wir mit unserem Essen und Getränken von den Köstlichkeiten unserer Produkte überzeugen können fehlt uns einfach die Kaufkraft!
Wieder durchleben wir schlaflose Nächte….
Der Höhepunkt der Depression ist eigentlich Ende November die Aussage unseres Steuerberaters, dass wir als sog. Mischbetrieb keinen Anspruch auf Förderung/ Hilfe haben. Mittlerweile sind wir durch Corona-kfw-Kredite annähernd so hoch verschuldet, wie zu Beginn unserer Abenteuers „Refugio“. Die einzige gute Nachricht: wir haben einen viiiiieeeeel höheren Whisky- und Ginvorrart als vor 15 Jahren! 😉
Wir wollen also nicht verzagen: im November und Dezember kriegen wir unser Schiff schon irgendwie gesegelt! Der Januar macht uns Sorgen…. da sind neue Ideen gefragt!
Aber was macht der Lockdown eigentlich unabhängig der exententiellen Sorgen ganz privat mit mir – mit der „kulinarischen“ Kati?
Eigentlich koche ich mich durch die Jahreszeiten
Grünkohl, Rehgulasch, Hirschragout, Rindsrouladen mit Rotkraut, geschmorte Braten… Auflauf von glasiertem Rosenkohl, Schupfnudeln mit Sauerkraut und Speck… selbst das Frühstück sieht im Winter anders aus: Porridge, Milchreis mit karamellisierten Äpfeln und Zimt… jetzt ist alles so ungekocht. Das macht mich traurig.
Mit meiner DNA muss ich Gäste bewirten
Ich vermisse das kochen so sehr! Der Herbst und der Winter sind so voller toller, neuer Eindrücke, ich habe einfach das Gefühl, mich noch nicht so richtig in die Winterzeit gekocht zu haben…. Es ist für mich so wenig befrieidgend für 2-4 Personen an einem Sonntagmittag zu kochen. Vielmehr fehlt mir die Herausforderung ganze Menüs zu kreeieren die Inszenierung und der aufgeregte Herzschlag!
Das Abschmecken von 0,4 l Sauce ist für mich wie das Nippen an einem guten Wein – ohne einen ordentlichen Schluck trinken zu dürfen. Mir steht das Kleinigtum nicht! Ich kann nicht abwiegen sondern gieße großzügig ein. Lasse verköcheln, probiere, ergänze…. normalerweise koche ich 4 Liter von köstlicher Sauce, das dauert oft 3 Stunden und mehr. Ich schaffe das einfach nicht für 2 Personen. Ich brauche Gäste und ihr/ es alles fehlt mir so.
Trotz der Existenzängste versuchen wir tapfer und vor allen Dingen gesund zu bleiben.
Bis die Minister der Länder am 13.12.2020 verkünden, Deutschland ab dem Mittwoch den 15.12.20 abermals in einen großen Lockdown zu schicken….
Wie wir damit umgehen, lest ihr bald hier im Blog…….. Fortsetzung folgt…..
Wie es uns im ersten Lockdown ergangen ist, könnt ihr hier nachlesen:
Teil 1: Tagebuch in der Corona-Krise – die ersten 12 Tage
folgend von Teil 2: Tagebuch in der Corona-Krise Tag 13-20
und dem dritten Teil: Tagebuch in der Corona-Krise Tag 21-26
Meine Gedanken zum zweiten Lockdown Anfang November 2020 könnt ihr hier nachlesen.