Mein Corona-Tagebuch erscheint zwar sehr unregelmäßig. Aber es ist mir wichtig meine Erlebnisse so mit euch zu teilen.
25.3.2020 Mittwoch
Nachdem wir Dienstag Abend mit unserer ersten Servicekraft und Betriebsleitung CoCo telefoniert haben, treffen wir uns am nächsten Morgen mit ihr und ihrer Tochter Thalia. Mit Evi und Christian sind wir zu fünft und wir sitzen mit großem Abstand an über 3 Tischen. Corona bestimmt unsere sozialen Kontakte. Es ist so komisch, dass wir keinen drücken und in den Arm nehmen können. Ich vermisse das so!
Wir reden darüber, wie es uns geht und das tut gut! Dann überlegen wir gemeinsam, wie es weiter gehen soll. Wir müssen um jeden Euro kämpfen und so überlegen wir, zumindest an den Markttagen von 10-14 Uhr unser Refugio aufzusperren!
Den Rest des Tages verbringen wir enthusiastisch damit, das Refugio „Virus-konform“ zu machen. Wir sperren Sitzplätze ab, beschriften neue Ein- und Ausgänge, kleben Abstandsmarken auf den Fußboden und sind froh, etwas tun zu können.
Es tut gut! Wir halten zusammen und schöpfen Hoffnung.
Christian und ich gehen danach über die Massener Straße. Es ist leer. Annett vom Senfladen hält noch die Stellung. Wir bestellen uns eine Currywurst und tauschen uns kurz aus.
26.3.2020 Donnerstag
Die erste Live-Verkostung auf Facebook
Die ganze Zeit spinnt es mir schon im Kopf herum! Wenn wir unsere Kunden so nicht sehen können, müssen wir sie über Facebook antexten. Wir haben so tollen Frühlings-Wein – es wäre sträflich, dass über fb nicht bekannt zu geben 😉 Und warum nicht live als Online-Verkostung…
Gesagt getan – auch wenn es am Ende etwas hektisch wurde, haben wir das hervorragend gemeistert!
Wir öffnen das 1. Mal das Refugio wieder….
27.3.2020 Freitag
Die neuen Möglichkeiten, die wir auf einmal durch Videos und Online-Verkostungen sehen, bereiten uns eine schlaflose Nacht! Wir können beide kaum schlafen!
Dann machen wir den Laden auf….
Ich habe mehrmals am Tag Tränen in den Augen! DANKE!!! So viele treue Gäste, so viele Freunde, ich habe das Gefühl, ihr wart alle da! Ihr sagt uns Eure Unterstützung zu, kauft mehr als sonst, sprecht uns Mut zu und haltet die Daumen hoch um uns anzuspornen! DANKE, DANKE, DANKE!
Wenn ich mich selbstständig gemacht habe, dann ist es für diesen Moment der Wertschätzung, der Unterstützung und der unglaublichen Liebe mit der wir aufgefangen werden! Und auch wenn die ganze Krise uns in ein finanzielles Desaster stürzt, so werden wir aufgefangen von einem Netz, geflochten aus Liebe, Mitgefühl und Solidarität! Egal was passiert, mit Eurer Kraft im Rücken, werden wir diese Krise meistern! DANKE!
Berauscht von Euren Besuchen und unseren Gesprächen im Refugio, halten wir am Abend unsere zweite Video-Live-Verkostung. Diesmal geht es um das Thema „Gin“. 30 Minuten live – es ist toll gelaufen – wir sind k.o. und gehen früh ins Bett!
Stockumer Hofmarkt…
28.3.2020 Samstag
Stockumer Hofmarkt. Seit Monaten besuche ich den Hofmarkt Samstags alleine. Christian und ich haben die letzten 15 Jahre keinen „normalen“ Samstag erlebt. Samstags ist normalerweise Hochkonjunktur im Refugio. Jetzt ist alles zu…. wir beschliessen zusammen zum Markt zu fahren.
Es ist tatsächlich über ein Jahrzehnt her, das wir den Samstag Vormittag gemeinsam verbringen und trotz der überaus surrealen Situation mit Mundschutz und Abstand genießen wir den Moment. Wir überlegen gemeinsam vor den Ausstellern, was wir zu Essen machen könnten… es ist wunderbar und ich schließe diesen Vormittag als großes Geschenk in mein Herz ein!
Spät Nachmittags bereiten wir die ausgesuchte Forelle zu, sitzen dabei dick eingemuckelt vor unserem Grill auf der Terasse und freuen uns einfach!
Es ist lecker, wir haben Zeit. Es gelingt uns, alles andere auszublenden und die Forelle ist fantastisch!
Die NRW-Soforthilfe funktioniert!
29.3.2020 Sonntag
Ich traue es mich kaum zu sagen, aber es ist herrlich! Irgendwie ist der Sonntag der einzige Tag, der so ist wie früher, oder?
Wir vergammeln den Vormittag. Gegen 15 Uhr (eigentlich erst 14 Uhr, die Uhren wurden umgestellt), werde ich nervös und ich mache Büroarbeiten. 3 Stunden nonstop. Dann beantrage ich Soforthilfe – online bei der NRW-Bank. Innerhalb von weniger als 30 Minuten bekomme ich die Bewilligung! Beflügelt arbeite ich noch eine Stunde weiter! Meine Akten sind danach so gut sortiert wie Jahre nicht mehr und ich kann in Ruhe eine Freundin anrufen.
2 Dinge sind neu:
1) Ich rufe einfach am WE gegen 17 Uhr meine Freundin an (wir haben Sonntags nie Zeit zu telefonieren, da ist immer so viel Arbeit zu erledigen, die in der Woche liegen blieb.)
2) Mein Mann nervt Sonntags, weil ich meine Freundin anrufe (wenn ich früher Sonntags meine Freundin angerufen HÄTTE, wäre ihm das piepegal gewesen, weil er froh gewesen wäre, mal seine Ruhe zu haben. Jetzt wusste er selbst mit sich kaum etwas anzufangen ;-))
Danach kann ich leider einfach nicht schlafen und ich speise bis 4 Uhr in der Früh Produkte in den Online-Shop und verlinke Facebook-Posts.
30.3.2020 Montag
Es geht mir nicht so gut. So langsam wird alles real – kann es noch realer werden? Als ich mich aus dem Bett gequält habe, geht es wieder…. ein Kaffee, mit dem Hund durch den Wald…. wenn alles kaputt geht, fangen wir einfach wieder von vorne an….!
Dabei habe ich ständig das Gefühl, zu wenig zu tun. Christian erinnert mich daran, dass ich letzte Nacht bis 4 Uhr was getan habe. Das tut gut. Aber ein kleines bisschen ungutes Gefühl bleibt…
Wir fahren mit dem Rad und Hund ins Refugio – ich brauche einfach frische Luft. Wir haben so viel Ideen, dass mir der Kopf rauscht. Die Selbstzweifel, die mich denken lassen, ich tue nicht genug, schießen wie Pfeile in meine Gedankenwelt und ich hoffe, ich denke an alles, was wichtig ist!
31.3.2020 Dienstag
Das Refugio öffnet das zweite Mal….
Punkt 10 Uhr sperren wir unser Refugio auf. Ich kann nicht dabei sein. Ich habe so eine Angst – stellt Euch vor, ihr ladet zu einer großen Feier ein, und dann hat man Angst, es kommt keiner…
Bis zum Schluß habe ich alles gegeben. Wir haben eine Live-Verkostung vom neuen Vinho Verde gemacht. Eine Palette haben wir davon gekauft! Weil er super schmeckt! Im Refugio hätten wir den in einer Woche durchgehauen und heute schon die nächste Palette bestellt. Jetzt hoffen wir, das ein paar Weinschmecker den Weg trotz Krise zu uns finden….
Um 11 gehe ich ins Refugio. Es sieht so komisch aus – so abgesperrt. Dann entdecke ich die ersten Gäste. Puh was tut mir das gut!
01.04.2020 Mittwoch
Der Dienstag war wunderbar im Geschäft und die vielen Gespräche beflügeln mich noch.Wir haben das Doppelte umgesetzt, was ich mir als Minium gewünscht hätte und ich danke dem Gästen und Freunden wirklich mit einer oder zwei Tränen im Auge 😉
Ich starte den Tag wie immer mit einer guten Tasse Kaffe und verbringe anschließend den ganzen Tag am Schreibtisch. Ich pflege neue Produkte ein, bearbeite den KUG-Antrag, rechne die Löhne ab, stelle die Dateien für die Buchhaltung zusammen und bearbeite meinen Blog, den ich in den nächsten Wochen auf WordPress umstellen möchte.
Ein arbeitsreicher Tag und ein schönes Ende….
Ich schaffe viel, dann bimmelt es und mein Bruder ruft via face time an. Wir reden wirklich viel dummes Zeug. Auf einmal klingelt es wieder und meine Schwester erscheint in der Leitung und – auf dem Bildschirm. Ein historischer Moment 😉 Das gab es noch nie – wir drei in einem Telefonat und auf einem Bildschirm….ich schieße einen Screenshoot als Beweis!
Als wir irgendwann soviel gelacht haben, bis die Akkus leer sind, widme ich mich wieder den fb und Insta-Posts, bis ich totmüde ins Bett falle….
Was für ein schöner Abend…..
[…] Krise erlebt haben, davon berichte ich in den Tagebuch-Auszügen (Corona-Tagebuch Tage 1-12, Tage 13-20, Tage 21-26, ..). Von der Geschichte „Katis Rezeptgeschichten goes Youtube“ erzähle […]
[…] Wie es weitergeht, lest ihr hier…. […]
[…] folgend von Teil 2: Tagebuch in der Corona-Krise Tag 13-20 […]