In den vergangenen 4 Jahren habe ich mich durch Yotam Ottolenghis Kochbücher gekocht. Etliche Dinge ausprobiert, zu unseren Dinnern angeboten und seine Rezepte unter meinem „Prädikat wertvoll“ abgeheftet. Nie war ein Mann mehr Inspiration für mich als er! Welch ein Abenteuer für mich in seinem Restaurant „Nopi“ im Londoner Stadtteil Soho einen Tisch in den heiligen Gemächern zu bekommen und die vom Chef persönlich abgesegneten Speisen kosten zu dürfen!
Dabei interessierten mich vor allem die Gänge, die ich all‘ die Jahre selbst schon mal versucht habe! Hatte ich seine Art zu kochen verstanden? Wie waren meine verwendeten Gewürze, hielten sie seinen stand? Schmeckten seine Gerichte meinen jämmerlichen Versuchen auch nur ähnlich?? Ich war so aufgeregt, dass ich mein Englisch kaum noch beherrschte! Wie will man so eine Passion in einer Fremdsprache auch erklären, wo man sie doch eigentlich eh‘ nur schmecken kann?!
Das ganz, ganz großartige war, dass das Restaurant „zweigeteilt“ ist. Downstairs und Upstairs. Während man „upstairs“ normale Restaurantatmosphäre genießt, stehen downstairs 2 riesige Tische zur Verfügung an denen man zusammengewürfelt mit Unbekannten vor dem Trockenlager und (uuuuaaaaahhh) direkt vor der offenen Küche des Nopi sitzt.
Mit schweißnassen Händen bestelle ich in schlechtem Englisch einen Weisswein der mittleren Preislage (sorry – Christian, ich weiß wirklich nicht mehr was es war! Es war mir so unwichtig) und konzentrierte mich auf die Speisenkarte. Dabei immer wieder in die Küche schielend. Ziemllich schnell war klar: wenn Du bei Ottolenghi kochen möchtest, solltest Du einen großen Bart haben und schwul sein. Aber das interessiert mich eigentlich nicht. Es war nur „nett“ zu sehen. Und das meine ich genauso! Die Atmospäre war entspannt, man hat sich leicht beiseite geschoben, einem die Hand auf die Schulter gelegt… Das kenne ich so nicht.
Normalerweise geht man mit den Ellenbogen voraus durch die Küche – schon alleine deswegen, damit niemand einen anstößt und man eventuell die heisse Sauce aus dem Topf den man vor sich herträgt, über sich oder andere schüttet….aber da war irgendwie alles anders. Ruhiger. Besonnener. Die haben keine heißen Töpfe rumgetragen. Ich konnte mich kaum auf die Speisenkarte konzentrieren! Viel spannender fand ich die Organisation in der Küche, wer ist für was zuständig, was haben die für ein Mis en place, welche Stationen kochen die….. Ganz schnell wurde klar: hier weiß jede Hand, was sie zu tun hat, dazu diese ruhige und entspannte Stimmung….. Ich werde gelassener und weiß endlich, was ich wähle: 5 Vorspeisen und Evi wünscht sich ein Hauptgericht aus gedünsteten Kartoffelbällchen mit Regenbogenforelle auf Kräuterschaum an Pastinakenchips.
Gegrillte Aubergine mit Safran-Jogurt & Granatapfelkernen |
Erst kommen 2, dann die nächsten 2 Vorspeisen, die 5. kommt zu Evis Hauptgericht!
So können wir zu Zweit alles geniessen und ich kann Evi mitnehmen auf die Verkostungsreise meiner Begierden. Meine Tochter hört mir zu, schließt die Augen, probiert, genießt! Ich bin im Himmel auf Erden und bestelle einen zweiten WeIn. Den Gleichen oder einen Anderen. Das weiß ich nicht mehr. Neben uns sitzt eine laute koreanische Familie mit 3 kleinen Kindern. Mir ist das egal. Eher sogar liebenswert. So kann ich mich zurücklehnen und versuche ein Möbelstück zu sein! Unbemerkt beobachtend, auf die Küche konzentriert. Und das entzückende Team vom Nopi spendiert uns als Entschuldigung für die Unruhe auch noch ein fantastisches Dessert!
Obwohl ich kurz vor dem Platzen stehe, bin ich tapfer und probiere 😉 … wie gesagt – da – vor der offenen Küche, mit genau diesem ehrlichem Essen – genau da ist mein ganz persönliches kleines Stück vom Himmel auf Erden….!
[…] Über Yottam Ottolenghi habe ich schon mehrfach geschrieben und der geneigte Leser weiß, dass ich Fan-Groupie-Verehrer bin. Aus seinem hervorragendem Buch Jerusalem habe ich diesen Salat. […]